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Die Kunst des Erholens

Im Normalfall ist es so, dass sich unser Organismus nach einer körperlichen oder geistigen Anstrengung fast von selbst erholt. Dafür müssen wir ihm nur ausreichend Gelegenheit geben. Aber was heißt eigentlich „nur“, und wie viel ist überhaupt „ausreichend“?. In diesem Blogbeitrag verrate ich Euch, wie Ihr Euch richtig erholt und welche Dinge Ihr beachten müsst, damit sich der Köper quasi von selbst wieder regeneriert.

Leider gilt Stress heutzutage als angesagt! Denn wer viel arbeitet, hat viel zu tun, gilt somit als ein wichtiger Leistungsträger in unserer Gesellschaft und wird deshalb bei Familie, Freunden und Kollegen höher angesehen. Wie bei so vielen anderen Dingen gibt es auch beim Stress unterschiedliche Arten. Laut Dr. Hans Seyle, der als „Vater der Stressforschung“ gilt, unterscheidet die Medizin zwischen dem positiven Eustress und dem negativen Distress. Letzterer ist es, der heutzutage überwiegt und viele von uns krank macht. Dagegen hilft meist nur ein paar Gänge herunterzuschalten und sich ausreichend zu erholen. Doch der Weg zur Erholung sieht für jeden Menschen sehr unterschiedlich aus. So ist Erholung für den einen Sport oder Bewegung an der frischen Luft, für den anderen ist Ruhe, Lesen oder einfach Nichtstun das beste Mittel, um wieder zu Kräften zu kommen. Wieder andere dagegen finden ihren erholsamen Ausgleich in einem kreativen Hobby. Aber egal, wie unterschiedlich die Wege der Erholung sind, das Ziel ist immer das selbe: Nämlich die Rückgewinnung unserer verbrauchten Kräfte. Denn ohne ausreichende Erholung können wir unsere verbrauchten Kräfte nicht wieder mobilisieren, und unsere volle Leistung nicht auszuschöpfen, wenn es drauf ankommt – sowohl im Privatleben, als auch im Beruf. Und nicht nur das: Langfristig kann mangelnde Erholung sogar eine ernste Gefahr für die Gesundheit und die berufliche Tätigkeit werden. Vor allem, seit wir durch die elektronischen Medien quasi immer und überall erreichbar sind, und nie zu 100 Prozent abschalten können, haben die psychischen Erkrankungen deutlich zugenommen.

Die Definition von Erholung

Unter dem Begriff Erholung wird, wie bereis erwähnt, die Rückgewinnung verbrauchter Kräfte bzw. die Wiederherstellung unserer Leistungsfähigkeit verstanden. Auf welchem Weg diese Leistungsfähigkeit wiederhergestellt wird, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Eines ist dagegen sicher: Jegliche Art von Arbeit beansprucht sowohl körperliche als auch psychische Ressourcen. Jede Arbeit führt bei einer längeren Ausführung zur Erschöpfung. Besteht ausreichend Zeit, die leeren Speicher zu füllen, wird der Ausgangszustand wieder hergestellt und es kann von vorne losgehen. Höhere Arbeitsanforderungen, längere Arbeitszeiten sowie Kommunikationsdruck und eine Freizeit voller Termine und Verpflichtungen wirken nachteilig auf die Erholungszeiten. Wer sich dagegen unerholt in einen neuen Arbeitstag stürzt, bewältigt diesen nur mit doppeltem Energieaufwand. Die geforderte Arbeit kann nur mittels erhöhter Anstrengung erbracht werden. Wer diesen Kreislauf über längere Zeit nicht durchbricht, erlebt eine Beeinträchtigung von Gesundheit und Wohlbefinden. Diese beiden Attribute sind wichtige Voraussetzungen für unsere Leistungsfähigkeit. Laut aktuellen Studien im Bereich der Stressforschung sind erholte Menschen zufriedener mit ihrem Leben. Sie erfüllen ihre Aufgaben besser, zeigen mehr Eigeninitiative und Kreativität und nehmen Herausforderungen als weniger anstrengend wahr. Diese Effekte zeigen sich sowohl kurz- als auch langfristig. Denn wer morgens erholt ist, zeigt tagsüber eine bessere Leistung und wer sich am Wochenende gut erholt hat, ist in der nachfolgenden Woche besser in Form.

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Stressfaktor Urlaub

Doch wie gelingt es einem, sich richtig zu erholen? Stress abzubauen, in dem man im Urlaub oder in der Freizeit einfach nur faul rumliegt, klappt meistens nicht. Laut des Zentrums für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln hat man nach einem erholsamen, aber aktiven Urlaub bis zu zehn Wochen lang nachweisbar weniger Stresshormone im Körper und ist somit stressresistenter. Ebenso wird das Immunsystem gestärkt und ist widerstandsfähiger gegen Bakterien und Viren im Alltag. Doch was ist eigentlich ein erholsamer Urlaub? Aktiv, aber unspektakulär sollte die freie Zeit verbracht werden. Verbringt man seine Ferien beispielsweise in der Nähe der Heimat, dann hat man gute Chancen, sich zu entspannen, weil lange Flugreisen und die Umstellung auf eine andere Klimazone entfallen. Auch muss sich der Körper bei einem heimischen Urlaub nicht auf fremdes Essen einstellen. Denn wenn es bei einer Fernreise zu Darmproblemen und Durchfallerkrankungen kommt, erfährt der Körper dadurch beträchtlichen Stress, was wiederum den herbeigesehnten Erholungseffekt verhindert. Doch wie lange braucht der Köper eigentlich bis er sich richtig erholt hat? Man ging bisher davon aus, dass der Mensch drei Wochen dafür benötigt: Eine Woche für den Stressabbau und weitere 14 Tage für die Regeneration. Doch ob dem wirklich so ist, darüber sind sich Urlaubsforscher bis heute noch nicht zu 100 Prozent einig. 

Mindestens 15 Minuten Erholung jeden Tag

Allerdings vertreten immer mehr Stressforscher auch die Ansicht, dass sich Erholung nicht nur auf einen oder mehrere Urlaube im Jahr beschränken sollte. Vielmehr ist es sinnvoll, dass ausreichende Entspannung oder Entschleunigung jeden Tag stattfindet. Dafür sollte man sich mindestens 15 Minuten Zeit nehmen, diese sollten dann allerdings effektiv sein. Wichtig ist hierbei, dass wir uns darüber im Klaren sind, was uns eigentlich tagtäglich stresst, welche Dinge an unseren Kräften zehren und nach welcher Art Entspannung wir uns sehnen. Suchen wir Entspannung nach einem turbulenten Arbeitstag auf der Couch und lassen uns vom Fernseher berieseln, empfindet das der Körper zwar ebenfalls als Entlastung und Entspannung, doch der große Unterschied liegt im Ausmaß und der Geschwindigkeit mit der die ausgeschütteten Stresshormone abgebaut werden. Zwar fährt der Körper auch auf der Couch Atmung, Blutdruck und Herzschlag runter, doch die Muskulatur steht noch unter Spannung und die zuvor ausgeschütteten Stresshormone zirkulieren auch weiterhin im Körper. Erst durch Bewegung und Sport werden vermehrt Hormone wie Endorphine und Serotonin produziert, welche die Stresshormone neutralisieren. Am Besten eignen sich die sogenannten sanften Sportarten wie Yoga, Tai-Chi oder Chigong als Erfolgsfaktor gegen den Stress, ebenso spazieren gehen an der frischen Luft. Ausdauersportarten mit simplen Bewegungsmustern wie Joggen oder Schwimmen sind dagegen weniger erholungsfördernd. Den Grund sehen Stressforscher darin, dass wir bei eingeübten oder sich ständig wiederholenden Bewegungsabläufen immer noch die Gelegenheit haben, uns bewusst oder unbewusst, mit den täglichen Stressfaktoren zu beschäftigen.

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Positives Denken fördert die Erholung

Leider ist es so, dass das menschliche Gehirn stärker auf negative Dinge in unserem Leben reagiert, als auf positive. Dies liegt unter anderem daran, dass wir oft einfach zu überlastet sind oder die hohen Anforderungen in unserem Privat- und Berufsleben nicht genug durch Erholung ausgleichen können. Wer aber ausgeglichen und gelassen ist, reagiert anders auf schlechte Nachrichten. Er kann sie besser relativieren und sich davon auch besser erholen. Kurz gesagt, gleichen positive Gefühle die negativen in der Wirkung auf Körper und Geist aus. Allerdings ist die Wirkung der negativen Gefühle oft so stark, dass die positiven in einem Verhältnis von 3:1 überwiegen müssen.

Gesunder Schlaf ist der Ursprung für Erholung

Leider sind sich immer noch zu wenig Menschen der Tatsache bewusst, dass gesunder Schlaf ein unerlässlicher Faktor für Erholung und Regeneration ist, ebenso für Gesundheit, Wohlbefinden und Vitalität. Laut aktuellen Studien aus dem Bereich der Schlafforschung gibt es ein „normales“ Schlafmaß nicht. Großteils bestimmen Erbanlagen den Schlafbedarf, in der Regel sind aber sieben bis acht Stunden Schlaf optimal, damit sich Körper und Geist wieder erholen. Richtig erholsam wird der Schlaf aber nur dann, wenn auch die Außenbedingungen stimmen. So schläft es sich in einem völlig abgedunkelten Raum wesentlich besser, als in einem leicht oder stark erhellten. Auch laute Geräusche und Lärm können für einen schlechten Schlaf verantwortlich sein.  

Erholung durch soziale Kontakte

Soziale Beziehungen sind ein guter Stresspuffer, dienen der Erholung, fördern unsere Regeneration nach einer Krankheit und vieles mehr. Doch warum ist das so? Der amerikanische Neurowissenschaftler Robert Sapolsky untersuchte mit Hilfe von Blutproben den Stressspiegel von in der Serengeti lebenden Affen. Er fand folgendes heraus: Je mehr und dauerhaftere Freundschaften ein Affe hatte, umso so geringer war die Konzentration der Stresshormone in seinem Blut. Je mehr er sich um andere kümmerte und andere sich um ihn kümmerten, desto gesünder und entspannter war er. Diese Ergebnisse können auch auf uns Menschen bezogen werden und belegen, dass Freundschaften ein seit Jahrmillionen genetisch angelegtes wirksames Programm gegen die schädlichen Auswirkungen von Überlastung darstellen, welches wir von unseren Vorfahren übernommen haben. Persönliche und soziale Kontakte dienen der Entspannung also weit mehr, als E-mails, Textnachrichten oder Telefonate. 

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Erholungswirkung steigt deutlich in der Natur

Seit Jahren forschen Umwelt- und Gesundheitspsychologen über den Einfuss der Natur auf den Menschen und dessen Wohlbefinden. Und viele Studien zeigen, dass sich jegliche Form von Wasser sowie Wiesen und Wälder positiv auf die Psyche auswirken. Mittlerweile lässt sich auch belegen, dass unser Geist in der Natur erstaunlich schnell zur Ruhe kommt, danach gehen auch Puls und Blutdruck spürbar nach unten und unser Körper entspannt sich merklich. Doch keine Angst, aufs Land ziehen muss deshalb niemand. Es reicht schon, sich in seiner Freizeit so oft es geht in der Natur aufzuhalten, denn dann ist man hinterher auf jeden Fall wieder leistungsfähiger und vor allem erholter. 

Text: Boris Mönnich
Bilder: Pixabay / Boris Mönnich

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